Donnerstag, 30. Juli 2009

Ecuadorianische Reisementalität, Nebelwald und Low-Budget-Unterkunft


Nach einer schwer alkohollastigen Karaoke-Nacht mit Nadias Freunden kehrten wir überraschenderweise am nächsten Tag wieder unter die Lebenden zurück.



In Höchstgeschwindigkeit packten wir unseren Rucksack und machten uns auf nach Pomasqui, wo wir laut Bernardo und Rosa einen Bus nach Mindo nehmen sollten ("Rosa hat gesagt, ihr müsst euch an die Ampel stellen und nur ein bis zwei Stunden warten..."). Nach erstaunlich kurzer Zeit hielt auf Armausstrecken hin tatsächlich ein Bus, der uns für lächerliche vier US-Dollar über waghaslsige Bergabfahrten nach Mindo brachte.

Aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse und Orientierung liessen wir uns erneut überrumpeln und stiegen ohne uns vorher gross umgehsehen zu haben in einer 6-Dollar-Pension ab, was im Grunde genommen, zumindest preislich, auch unserer Ziel gewesen war. Den Rest des Tages verbrachten wir wandernd im ecuadorianischen Nebelwald Mindos. Letzteres entpuppte sich als ein einfaches subtropisches Bergdörfchen mit unnötig vielen Übernachtungsmöglichkeiten.




Mehr als ausgeschlafen machten wir uns am nächsten Tag zur etwa 300 Meter vom Dorf entfernten Schmetterlingsfarm auf. Für den Preis nicht so grandios, viel kleine aber nur ein grosser Falter, der sich noch nicht von seiner ganzen Pracht zeigen wollte.




Dann frühstückten wir noch ausgiebigst in El Quetzal, welches Amerikanern gehört, die jedes Jahr das Sommergeschäft nutzen und mit einer alten Kaffeemaschine Kaffee und Kakao herstellen. Nachmittags gings dann zurück nach Quito.

Mittwoch, 29. Juli 2009

Ackerbau im Vulkan

Heute verbrachten wir erneut einen entspannten Tag in der Umgebung von Quito. Bernardos Mutter Laura brachte uns zunächst ins Dorfzentrum von Pomasqui (Ortsteil, wo wir wohnen) um uns die Kirchen anzugucken. Leider waren beide Kirchen zu, so dass wir die Holzwurzel mit dem Jesusgesicht leider Gottes verpassten.


So nahmen wir einen Bus, mit dem wir Mitad del Mundo passierten und bei der Auffahrt zum Pululahua-Krater ausstiegen. Anstatt den asphaltierten kurzen Weg zu nehmen, brachte uns Isas grossartige weibliche Intuition einen beschwerlichen Marsch, auf einem schmalen Pfad, durch dichtes Buschwerk ein, welches Isabelle nur durch gutes Zureden durchschritt (Schlangen lauern nämlich nicht nur auf dem Boden, sondern auch auf jedem dünnen Ast über dem Weg!!!).

Nach bestandener Mutprobe erwies sich Isabelles weiblicher Orientierungssinn dann als doch nicht so schlecht, da wir, oben angekommen, ein unglaubliches Panorama entdeckten; weiblicher Instinkt für Ästhetik;)

Der Pululahua ist ein erloschener Vulkan, in dessen etwa hundert Meter tiefem und 4-5 Kilometer breitem Krater die Menschen seit Inkazeiten leben und auf der fruchtbaren Erde Landwirtschaft betreiben.
Nach kurzer Zeit oben stiess eine kleine ecuadorianische Wandergruppe zu uns (Frau mit 5 Neffen und Nichten) und gemeinsam hatten wir viel Spass, besonders die Kinder, die von Geralds Eschenbach-Fernglas schwer beeindruckt waren ("cuánto cuesta?", "really good!").

Dienstag, 28. Juli 2009

"Höchste Seilbahn der Welt" und Goldrausch vs. Strassenkinder

Hoch hinauf auf den Hausberg der Quiteños mit der Teleférico-Seilbahn am frühen Morgen. Oben angekommen schnauften wir die paar Meter bis zum perfekten Aussichtsplatz, dem 4100 (!!) Meter hohen Bergvorsprung Cruz Loma.

Es wird wohl noch ne Weile dauern, bis wir das tägliche Höhenanpassungstraining erfolgreich vollzogen haben; wir fühlten uns wie 100. Nachdem wir uns am beeindruckenden Stadt- und Hochland-Panorama ergötzt hatten, gings per überteuertem Shuttle ("Touristenpreis", meine Schuld, hab mich zu leicht überreden lassen. Gez: Julius:D) in das historische Zentrum Quitos (Quito Colonial).

Wo früher das herrschaftliche Wohnviertel der spanischen Kolonialherren war, die ihre Häuser und Kirchen mit und durch Hilfe der Indígenas, zum grossen Teil aus dem Schutt der niedergebrannten Inkafestungen errichteten, herrscht heute grösstenteils Armut. Paradoxerweise nutzt die ärmere Bevölkerung Quitos die alten Kolonialvillen samt deren schönen typischen Innenhöfen als günstige "Altbau"-Wohnungen.
Prägnant für die Altstadt sind die vielen Autos und der daraus resultierende Smog, Taxis, Busse, vor allem die hier typischen und überfüllten Trolé-Busse (!Pickpocket¡), eine unvorstellbare Anzahl von Strassenverkäufern jeden Alters, die von Zigarren bis Wurzelbürsten alles anbieten, die schwer bewaffneten patrouillierenden Polizisten ( Auf den Bussen sind Werbungen für neue Waffen zu sehen; plan del ciaudad), die bombastischen kolonialen Sehenswürdigkeiten, sprich ein absolut pulsierendes Leben in allen Farbvariationen. Ach ja, nicht zu vergessen ist die Vielzahl an Schuhputzern, die den, auf altertümlichen "Schuhputz-Bänken" sitzenden und vor allem zeitunglesenden, "Senores e Senoras" die Schuhe mit Hingabe blank wienern. Da jeder, der Geld für so etwas hat, dies nutzt, scheint dies tatsächlich eine ganz normale Dienstleistung zu sein, die die Schuhputzer von den anderen Verkäufern abzuheben scheint. Eine Normalität, die unser Moralverständnis tüchtig durcheinander brachte. Wir schafften es nicht die für uns entwürdigende reich-arm Kontrastierung als Alltag anzusehen. Wären wir zwei durch bettelnde Angebote diesbezüglich nicht non stop besonders von Kindern konsultiert und dadurch an unser moralisches Dilemma erinnert worden, würde man sich gerade durch dieses Schuhputzerbild in die Kolonialzeit zurückversetzt fühlen; siehe Filmbilder von "Die Liebe in den Zeiten der Cholera".
Ein absolut kontrastreicher Stadtrundgang, der uns besonders beschaulich die global sehr unterschiedlichen Lebensumstände der Menschen glasklar vors Auge führte; nur zu empfehlen!

Die Plaza de la Independencia/Plaza Grande ist die grösste Plaza in Quito Colonial. Das Denkmal in der Mitte erinnert an die gefallenen Märtyrer der ersten Unabhängigkeitserklärung vom 10. August 1809. Sicht vom Balkon des Präsidentenpalastes.

Die Basilika del Voto Nacional von 1892 (Grundsteinlegung), ist, laut Reiseführer, "eine Mischung aus Kölner Dom und Notre Dame" und "ein Beispiel moderner quitenischer Architektur".

Die Calle La Ronda ist die älteste Gasse von Quito (16. Jahrhundert).

Repräsentativ für die frühkoloniale Architektur Alt-Quitos ist der Innenhof der Casa des Spaniers Sebastián de Benalcázar, der als einer der Stadtgründer Quitos gilt (Gründung 6.12.1534).

Frontansicht der prachtvollen maurisch-barocken, aus Vulkansteinblöcken geschaffenen, Fassade der Iglesia La Compañia de Jesús (Begonnen von einem Mönch aus Bamberg).

Aufgrund des strengen Fotoverbots (Isabelle wusste sich gekonnt darüber hinwegzusetzen) hier nur ein Ausschnitt des Kircheninneren welches sich überladen mit filigranen Blattgoldarbeiten zeigte (Insgesamt ca. 2 Tonnen Gold!!). Bei der Ausarbeitung der Detailarbeiten des Kirchenbaus (z.B. Fassade, Skulpturen, Kanzel) waren, nicht nur bei diesem Bauwerk, indianische Künstler, wie vor allem der Indígena Manuel Chili Caspicarra, massgeblich beteiligt. Sie wurden sogar in einer eigenen Kunstschule gefördert.



Die Wachsoldaten vor dem Regierungspalast zeigten sich, in ihrer altertümlichen Uniform, Fotowünschen sehr aufgeschlossen.

Die heilige Jungfrauauf dem Panecillo Hügel, sie wacht über die Stadt

Quito vom Panecillo Hügel aus bei Nacht:


Sonntag, 26. Juli 2009

Mitad del Mundo und nette Leute

Als wir aufstanden, war die Nacht schon lange vorbei und wir waren gut erholt von der nächtlichen Rückfahrt am Tag zuvor.
Nach einem schnellen Frühstück brachte uns Bernardo zum "Mitad del Mundo", einem riesigen Monument, dass auf der Äquatorlinie errichtet wurde. Die Anlage um das Monument, mit Museen, Restaurants und Souvenirläden, war völlig von, zumeist amerikanischen, Touristen überlaufen, in deren Reihe wir uns nahtlos einfügten (zumindest für diesen Tag).
Nachdem das obligatorische Äquatorlinien-Foto gemacht war, erkundeten wir noch den Rest der Anlage und entdeckten einen Mann am Grill, der"Andendöner" zubereitete; gegrilltes Meerschweinchen ("Cuy azado", traditionelles Gericht der Andenbewohner). Der Genuss dieser Delikatesse steht allerdings noch aus, da Bernardo uns dazu einladen wollte.

Wir verliessen das Gelände und besuchten noch ein Museum, welches uns der Reiseführer empfohlen hatte, wo es jede Menge indianischer Kunst und Hütten zu entdecken gab, in denen auch die ein oder andere Überraschung wartete.


Zudem stellten wir fest, dass das ganze Mitad-del-Mundo-Ding Verarschung ist.
Die richtige Äquatorlinie befindet sich nämlich 180 Meter vom Monument entfernt, was eine Berechnung der NASA im Jahre 2000 ergeben hat. Die Wissenschaftler der Expedition von 1885, zu deren Ehre das Monument auch errichtet wurde, hatten sich aufgrund schlechter Messmethoden vertan.

Auf der Rückfahrt warteten wir vergeblich auf den zweiten Bus, den Bernardo uns versprochen hatte, der aber nicht auftauchte. Nach zwanzig Minuten Warten spielten wir mit dem Gedanken ein Taxi zu nehmen, als plötzlich zwei Damen aus einem Auto winkten. Sie luden uns ein mit ihnen zu fahren, da sie vermuteten, dass wir in die gleiche Richtung wollten. Wir setzten uns zu ihnen ins Auto und kamen auf Englisch mit ihnen ins Gespräch. Die ältere der beiden hiess Margareta (ca. 55 J.) und war die Mutter von Carolina (23 J.). Während der Fahrt luden die beiden uns zu sich nach Hause ein und so machten wir noch einen unverhofften Abstecher ins Haus der Menas. Nach etwa einer Stunde Smalltalk tauschten wir Adressen und bedankten uns für die freundliche Bewirtung mit Wasser und Mandarinen und daraufhin wurden wir sogar noch mit dem Auto zu Bernardo gebracht. Mit dem Versprechen uns zu melden und Carolina als Guide für Quito zu verpflichten verabschiedeten wir uns mit einem "God bless you" von der Mutter. Ein tolles Erlebnis der ecuadorianischen Gastfreundschaft.

verfasst von Julius

Samstag, 25. Juli 2009

Kratersee Quilotoa

Nur noch zu dritt machten Bernardo, Julius und ich uns zur Kraterlagune Quilotoa auf, grösstenteils auf der Panamerica Sur. Die fast 5-stündige Fahrt führte uns erneut immer höher ins Andengebirge hinein, dessen Flora & Fauna nun jedoch eine völlig andere war, als die der Anden von dem Quito-Hochland; wesentlich trockener und felsiger.
Vorbei an Dörfern, deren Bevölkerungsanteil mehr und mehr indianisch war, kamen wir bald in verlassene Landgegenden, die nur noch von Indianern besiedelt sind und deren Zuhause noch heute urige Strohhütten sind.


Ebenso typisch für diese Gegend waren Begegnungen mit auf der Strasse wandernden, meist vollbepackten Indígenas, die grösstenteils Tiere wie Schafe, Lamas oder Schweine mit sich führten.


Für "una fotito por favor" erwartete der Abgelichtete oft eine Gegenleistung, wie Geld, was aber im Anbetracht des erwirtschaftetn Endprodukts durchaus zu verschmerzen war.


Endlich kamen wir am Krater an und ein erster Blick über dessen Rand war bombastisch.


Wir entschlossen uns für den Abstieg, der so einige staubige Rutschpartien mit sich brachte.

Unten entspannten wir uns am Wasser, was überraschender Weise salziger Natur ist.
Nachdem ich noch eine Weile mit einem putzigen Welpen gespielt hatte, liessen Julius und ich, faul wie wir sind, uns von Pferden und Maultieren für lausige 4$ nach oben zurücktragen.




Der grobe Umgang mit den Tieren durch unsere Kinderbegleiter/Tiertreiber war ungewohnt. Dennoch versicherten sie uns, dass die Tiere die Strecke höchstens 3 Mal am Tag bewältigen müssen, was mich wieder besänftigte.
Das letzte 100-Meter-Stückchen mussten wir alleine laufen und merkten aufgrund von akuten Atembeschwerden, dass wir noch immer alles andere als akklimatisiert waren.
Während wir oben noch den Ausblick genossen, schnaufte Bernardo den Berg hoch, da er die sportlich Variante gewählt hatte.
Nach einem kurzen Shopping-Trip im Dorf gings bei Sonnenuntergang wieder zurück nach Quito; Die Sonne geht hier übrigens schon ab sechs unter, d.h. es ist spätestens um halb acht stockduster.
Bevor die Dunkelheit hereinbrach erhaschten wir noch einen wunderbaren Ausblick auf den Cotopaxi, den höchsten aktiven Vulkan der Erde, dessen schneebedeckter Gipfel endlich, extra für uns, zu sehen war.



verfasst von Isabelle